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Dr. Rainer Prewo, Oberbürgermeister, Nagold:
Im Spannungsfeld von Kommunalpolitik und christlichem Glauben
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Was bedeutet Kirche, was bedeutet Glaube heute für das öffentliche Leben, für die Stadt, für die ganze Sphäre der Politik? Die staatsrechtliche Antwort ist einfach: Staat und Kirche (bzw Kirchen) sind getrennt, jedenfalls bei uns. Andere Länder, z. B. viele arabisch-islamische Staaten, kennen diese Trennung nicht, für uns ist der Glaube damit ein ganz persönliches Bekenntnis, das keinem aufgezwungen wird und das von staatlicher Autorität nicht gegürtet und gestiefelt, propagiert oder gar bürokratisch überwacht wird.
Muss der Glaube darum weniger spürbar, weniger wirksam sein im öffentlichen Leben? In meinen Augen nicht. Es hängt allein davon ab, wie wir als Christen in der Öffentlichkeit wirken und unseren Glauben spüren lassen, Gerade in einem freien Land können (und müssten!) wir der Sauerteig und das Senfkorn sein, wie es Jesus im Gleichnis uns aufgetragen hat.
Ich kenne aber auch Mitchristen, die sich in der Distanz, ja in der Abwendung vom öffentlichen Leben wohler fühlen als in der Rolle des Senfkorns. Ist das nicht sogar sehr verständlich? Ist denn die Politik nicht das Feld harter Interessengegensätze, ein Tummelplatz von Egoismus, mediengieriger Profilsucht und Freund-Feind-Denken, wenn nicht gar von Korruption? Haben Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Achtung vor der Meinung des anderen, ja das Einräumen von Fehlern und die Bitte um Vergebung noch Raum in dieser Arena?
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Ja, gerade hier braucht es diesen Raum, und es gibt ihn auch. Und wo er klein geworden ist, muss er wieder größer werden, Deshalb hat Gott damals Jona nach Ninive geschickt, auch wenn der sich sträubte und sich zuerst lieber von einem Walfisch verschlucken ließ.
Wie Jona werden auch wir diesem Auftrag oft nicht im ersten Anlauf gerecht. Und selten lösen sich die schwierigen Dinge in wohlgefälliger Glätte auf. Jona ist schon in meiner Jugendzeit mein Lieblingsprophet gewesen, weil er so viel menschliche Schwäche zeigte, aber am Ende seine Schwäche überwand und gehorchte. Auch Jona hätte aber nicht neu anfangen können, wenn ihm Gott nicht geholfen hätte. Wir müssen seine Hilfe freilich annehmen können.
Jetzt habe ich über das Verhältnis von Glaube, Evangelium und öffentlicher politischer Sphäre gesprochen. Besteht dieses Spannungsverhältnis aber nicht in allen Lebensbereichen: im Berufs- und Geschäftsleben, im alltäglichen Miteinander und in der Familie?
Ich kenne nichts Aktuelleres, keinen Maßstab von frischerer Gültigkeit als die christliche Botschaft.
Dr, Rainer Prewo
Nagold
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