»Ich brauche Beweise!«
von Timo Roller
[veröffentlicht am 5.4.2012]
»Woher weißt du, dass du dir nichts vorgaukelst? Was mich angeht, ich, ich brauche Beweise.« Dies entgegnet die Wissenschaftlerin Ellie Arroway (gespielt von Jodie Foster) im Film »Contact« ihrem Liebhaber Palmer Joss. Dieser hatte zu ihr gesagt: »Ich könnt' mir nicht vorstellen in einer Welt zu leben, in der Gott nicht existierte. Das würde ich nicht wollen.«
Ellie möchte Wahrheiten finden und tritt gegenüber ihren Widersachern aus Wissenschaft und Politik als leidenschaftliche und integere Person auf. Das macht sie als Filmcharakter für den Zuschauer sehr sympathisch.
Im Film geht es um eine ehrgeizige Wissenschaftlerin, die sich der Suche nach außerirdischer Intelligenz verschrieben hat. Sie stößt auf Signale aus dem All, die zum Bau einer gigantischen Maschine führen. Diese soll eine Reise ins Wega-System ermöglichen – 26 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Ellie glaubt nicht an die Existenz Gottes und muss für ihre atheistische Weltsicht zunächst teuer bezahlen: Sie wird nicht für die Reise ins All ausgewählt, denn das Gremium möchte nicht jemanden zu den Außerirdischen schicken, »der sagt, er glaube nicht an Gott. Jemanden, der ernstlich der Ansicht ist, die anderen 95% von uns wären Opfer einer kollektiven Wahnvorstellung.«
Zuvor hatte Ellie ihrem Freund Palmer das sogenannte »Ockhams Gesetz« erklärt: »Halten sich alle Faktoren die Waage, dann ist meist die einfachste Erklärung die plausibelste.« Sie nennt zwei mögliche Erklärungen: »Ein omnipotenter, mysteriöser Gott hat das Universum geschaffen und dann entschieden, keinen Beweis seiner Existenz zu liefern. Oder: Es gibt ihn gar nicht, diesen Gott. Und wir haben ihn erfunden. Damit wir uns nicht so klein und verlassen vorkommen.« Sie hat sich für die zweite Möglichkeit entschieden.
Höhepunkt des Filmes ist Ellies Reise ins All, die schließlich doch noch stattfinden kann: Durch Raum und Zeit, wissenschaftlich gesprochen durch ein sogenanntes »Wurmloch«, reist sie in das fremde Sternensystem und erlebt eine Begegnung mit einem intelligenten außerirdischen Wesen in Gestalt ihres verstorbenen Vaters.
Nach ihrer Rückkehr merkt der Zuschauer: Für die Zurückgebliebenen ist das Experiment gescheitert, die Raumkapsel, in der Ellie gesessen hat, ist einfach durch die Transportmaschine hindurchgefallen. In Sekunden war das Ereignis vorüber. Vor einem Untersuchungsausschuss hält Ellie ein Plädoyer gegen das Augenscheinliche: »Ich hatte ein Erlebnis. Ich kann es nicht beweisen, ich kann es nicht mal erklären. Aber alles, was ich ganz genau weiß als Mensch, einfach alles, was ich bin, sagt, es ist wirklich passiert. Mir wurde etwas geschenkt, etwas Wunderschönes, das mich in alle Ewigkeit verändert.«
Ockhams Gesetz wendet sich nun gegen sie: »Was ist hier wahrscheinlicher? Dass eine Botschaft von Außerirdischen zu einer Zaubermaschine führt, in der sie wegschweben ins Zentrum der Galaxis zum Windsurfen mit dem guten alten Dad und in derselben Sekunde nach Hause kommen ohne den kleinsten Funken eines Beweises? Oder dass Ihre Erfahrung das Ergebnis der unfreiwilligen Hauptrolle der Abschiedsvorstellung eines […] Mannes [ist] mit den Mitteln, dem Motiv und der Möglichkeit, jeden von uns hier als Schachfigur zu benutzen in dem größten, ausgebufftesten, kostspieligsten Schwindel, den es je gab?«
Die Wissenschaftlerin ist zur Gläubigen geworden, die von einer Anhängerschar verehrt, von den »Vernünftigen« allerdings für verrückt erklärt wird.
Auch mit dieser bemerkenswerten Wende am Schluss ist der Film geprägt von der Auseinandersetzung von Wissenschaft und Glaube. Der christliche Glaube wird als etwas Transzendentes, Unvernünftiges und auch Fanatisches dargestellt – und steht der nüchternen, auf Fakten beruhenden Wissenschaft fast unvereinbar gegenüber.
Carl Sagan (1934–1996), Autor der Romanvorlage »Contact«, war ein mindestens ebenso herausragender – atheistischer – Forscher und Vordenker wie die von Jodie Foster hervorragend gespielte Ellie. Daher kommt trotz der Botschaft, dass auch Wissenschaft ein Stückweit Glaube sein kann, die christliche Überzeugung im Film nicht besonders gut weg. Welche Berechtigung hat der Glaube, wenn ihm die wissenschaftliche Forschung in vielen Punkten widerspricht?
Blenden wir 2000 Jahre zurück in die Minuten unmittelbar nach dem Tod Jesu am Kreuz.
[Jesus neigte sein Haupt und starb.] Im selben Augenblick riß der Vorhang im Tempel von oben bis unten entzwei; die Erde begann zu beben, die Felsen spalteten sich, und die Gräber öffneten sich. Viele verstorbene Heilige wurden auferweckt. Sie kamen nach der Auferstehung Jesu aus ihren Gräbern, gingen in die Heilige Stadt und erschienen vielen Menschen.
Der Hauptmann, der beim Kreuz stand und Jesus so sterben sah, gab Gott die Ehre. »Dieser Mann war wirklich ein Gerechter«, sagte er. Und auch die Soldaten, die mit ihm zusammen beim Kreuz Jesu Wache hielten, waren zutiefst erschrocken über das Erdbeben und die anderen Dinge, die sie miterlebt hatten, und sagten: »Dieser Mann war wirklich Gottes Sohn.« (aus: »Das Leben Jesu – Die authentische Biografie«, S. 307)
Hier geschieht Übernatürliches, Unglaubliches. Und doch geschieht es in der historischen Wirklichkeit. Von der Bibel benannt in Raum und Zeit: Jerusalem, Karfreitag, ca. 30 n.Chr. Am dritten Tag danach ist er auferstanden, das Grab war leer. Ostern.
Wenden wir Ockhams Gesetz an: Was ist wahrscheinlicher: Dass diese unglaublichen Dinge wirklich passiert sind, oder dass die Geschichte vom leeren Grab »eine späte apologetische Legende« ist, eine Geschichte also, um dem neugegründeten christlichen Glauben eine Grundlage zu geben. Bei Petrus sei durch einen innerseelischen Vorgang die Vision von der Auferstehung entstanden, »um seine Schuldgefühle gegenüber dem von ihm verratenen Toten zu bewältigen«. Die Erscheinung des Auferstandenen bei den übrigen Jüngern und sonstigen Zeugen, seien »nur durch Massensuggestion erklärbar« – so etwa die Position des Theologen Gerd Lüdemann (zitiert nach Wikipedia). Ist Jesus nur »ideell auferstanden«?
Die Bibel betont sehr stark die historische Realität des Ostergeschehens: Im Johannesevangelium werden die Bibelstellen aufgeführt, die sich erfüllt haben: »Ihr sollt ihm kein Bein zerbrechen« (2. Mose 12,46) und »Sie werden den sehen, den sie durchbohrt haben« (Sacharja 12,10, beides zitiert in Johannes 19,36–37).
Das Matthäusevangelium berichtet über die Taten und Motive der Gegner Jesu: Sie ließen das Grab bewachen (Kapitel 27, 62–66) und nach der Auferstehung versuchten sie, die Auferstehung zu vertuschen (Kapitel 28,11–15). Dass man den Leichnam gestohlen habe sei »zum Gerede geworden bei den Juden bis auf den heutigen Tag.« (Vers 15)
Würde die Bibel über diese Details berichten, wenn sie nicht so geschehen wären? Und würde sie sich auf eine überwiegende Mehrheit von Frauen als Zeugen der Auferstehung stützen? Der Historiker Flavius Josephus schrieb zu jener Zeit: »Das Zeugnis der Frau ist nicht rechtsgültig wegen der Leichtfertigkeit und Dreistigkeit des weiblichen Geschlechts«. Und schließlich kommt auch der Zweifler Thomas zu Wort. Die Bibel nimmt Zweifler ernst, die den Verstand nicht an der Garderobe abgeben wollen.
Auch Paulus hatte es wohl mit Zweiflern zu tun, als er schrieb: »dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.« (1. Korinther 15,3–7)
Für Paulus ist die Auferstehung unverzichtbare historische Voraussetzung für den christlichen Glauben:
»Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferstanden ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferstanden. Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich.« (1. Korinther 15, 12–14)
Gibt es heute noch handfeste archäologische Beweise für das Geschehen in Jerusalem 30 n.Chr.? Es gibt ein Fragment der Tafel vom Kreuz Jesu. Es trägt, wie in Johannes 19,19–20 berichtet wird, Teile der Aufschrift »Jesus von Nazareth, der König der Juden« in drei Sprachen. Der evangelikale Historiker Carsten Peter Thiede hielt es für echt (Thiede: »Das Jesus-Fragment«). Vielleicht ist auch das Turiner Grabtuch »eine Momentaufnahme der Auferstehung« – es fällt schwer, eine bessere Erklärung zu finden.
»Woher weißt du, dass du dir nichts vorgaukelst? Was mich angeht, ich, ich brauche Beweise«, sagte Ellie Arroway. Nach Ockhams Gesetz ist es für mich die wahrscheinlichere Möglichkeit, dass Gott existiert, diese Welt mit uns Menschen darin erschaffen hat und dass Jesus gestorben und auferstanden ist – zur Vergebung unserer Sünden.
Meine Glaubenserfahrungen sind nicht das Ergebnis von Einbildung, sondern Wirken des lebendigen Gottes – auch wenn ich immer wieder daran zweifle. Zweifelnde sind Suchende, Forschende – Gott lässt sich auch von uns finden.